Kundalini – Erwachen zum inneren Schatz
Sadhguru beschreibt die „Kundalini“ allgemein als diejenige Dimension der Energie, deren Potenzial erst noch ausgeschöpft werden muss. In unserem Inneren gibt es eine gigantische potenzielle Energiemenge, die sich noch nicht entfaltet hat
Sadhguru: Das Wort „Kundalini“ bezieht sich im Allgemeinen auf diejenige Dimension der Energie, deren Potenzial erst noch realisiert werden muss. In deinem Inneren gibt es eine gigantische Menge an Energie, die ihr Potenzial noch nicht entfaltet hat. Sie wartet einfach dort, denn das, was man ein menschliches Wesen nennt, ist noch ein Mensch in der Entstehung. Du bist noch kein Mensch, du bist ein im Werden begriffener Mensch. Du bist keine absolute Entität eines menschlichen Wesens. Fortwährend gibt es Raum, um dich zu einem besseren Menschen zu machen.
Als du ein Affe warst, hast du dir nicht gewünscht, ein Mensch zu werden. Die Natur hat dich einfach weitergeschoben. Aber sobald du menschlich geworden bist, gibt es keine unbewusste Evolution mehr. Wenn du unbewusst bist, wird der immer gleiche endlose Kreislauf des immer gleichen Unsinns immer weiterlaufen. Eine Evolution wird nur dann zu dir kommen, wenn du sie bewusst anstrebst.
Wenn du bewusst wirst, kann eine Evolution – oder irgendeine Veränderung – nicht ohne die nötige Energie geschehen. Der Evolutionsprozess hat also eine riesige Menge an Energie unberührt gelassen, die du, wenn du bewusst wirst, nutzen kannst, um etwas Fantastisches daraus zu machen. Es ist ein Schatz, auf dem du sitzt. Aber wenn du in die falsche Richtung schaust, wirst du niemals wissen, dass da einen Schatz ist.
Kundalini: Sitzen auf einem Jackpot
Es war einmal ein Bettler, der in furchtbarer Armut lebte. Er saß gerade unter einem Baum und bettelte. Die Leute warfen ihm ein paar Münzen hin, und gerade so lebte er. Eines Tages starb er und sein Körper lag einfach da. Er hatte keine Freunde oder Verwandte, und niemand wollte ihn irgendwo hintragen und begraben. Also beschlossen sie, ihn einfach dort unter dem Baum zu begraben. Als die Leute mit dem Graben begannen, stießen sie auf einen riesigen Schatz. Nur wenige Meter unter ihm hatte ein ungeheurer Schatz gelegen, ein riesiger Topf voller Gold, und der Narr saß sein ganzes Leben lang da und bettelte. Wenn er nur einmal nach unten gegraben hätte, wäre er ein sehr reicher Mann gewesen. Aber er saß die ganze Zeit da und war ein Bettler.
So ist es mit der Kundalini. Sie sitzt genau dort. Ein jeder sitzt auf einem Jackpot, aber alle schauen in andere Richtungen. Sie schauen nicht dorthin, wo der Schatz ist. Sie merken also nie, dass es so etwas gibt. Die Kundalini ist der Schatz in dir, der ungenutzt, unberührt geblieben ist. Du könntest diese Energie nutzen, um das hier in eine völlig andere Dimension zu transformieren; eine Dimension, die du dir nicht vorstellen kannst.
Kundalini: Anschluss an die Ultimative Quelle
Lass mich von deiner eigenen Lebenserfahrung ausgehen, denn es gibt viele Geschichten über die Kundalini. In deinem Haus gibt es eine Steckdose in der Wand. Diese Steckdose produziert selber eigentlich keinen Strom. Es gibt ein riesiges Kraftwerk anderswo, dass Strom produziert, aber es kann dir diesen Strom nicht direkt geben. Es ist die Steckdose, die dir den Zugang ermöglicht. Obwohl die meisten Menschen noch nicht einmal über das Kraftwerk nachgedacht haben und keine Vorstellung davon haben, was es ist, wissen sie, dass ein Gerät läuft, wenn man es in die Steckdose steckt.
In ähnlicher Weise gibt es eine „Steckdose“ im menschlichen Körper. Es ist kein dreipoliger Stecker, sondern ein fünfpoliger Stecker. Vielleicht hast du von den sieben Chakren gehört. Das Muladhara ist wie eine Steckdose. Deshalb nennt man es Muladhara. Muladhara bedeutet „fundamental“ oder „grundlegend“. Die fünf der restlichen sechs Chakren bilden den Stecker. Was ist mit dem siebten Chakra, dem Sahasrar? Es ist wie eine Glühbirne. Wenn du es reinsteckst, leuchtet alles an dir. Wenn du richtig angeschlossen bist, hast du kein Problem mehr damit, die Lichter 24 Stunden am Tag brennen zu lassen. Du musst deinen Strom nicht mehr abschalten, weil du dir Sorgen machst, dass die Batterie leer werden könnte. Du kannst ihn einfach unverhohlen anlassen, unbekümmert, weil du an die Stromquelle angeschlossen bist.
Sogar in diesem Moment hast du immer noch Energie. Du kannst lesen, was geschrieben steht. Das bedeutet, dass die Lebensenergien funktionieren, aber in einer sehr minimalen Weise. Nur ein kleiner Teil davon funktioniert. Wenn dir das Ganze davon zugänglich wird, wenn es richtig angeschlossen ist, dann gibt es keine Grenze für das, was du daraus machen kannst. Sogar mit der Steckdose zuhause kannst du, sobald du angeschlossen bist, Licht angehen lassen, du kannst die Klimaanlage in Betrieb nehmen, du kannst die Heizung haben, du kannst den Fernseher haben – alles was du willst. Nur eine Steckdose. Du kannst so viele Dinge tun.
Leider sind die meisten Menschen nicht angeschlossen. Sie versuchen, ihren eigenen Strom zu generieren. Deshalb essen sie fünfmal am Tag, sind aber trotzdem die meiste Zeit müde. Es ist ein Kampf, das Leben am Laufenzu halten. Energie ist nicht nur im Sinne von physischer Energie oder Aktivität, Energie ist im Sinne von Leben. Die Existenz ist Energie, nicht wahr? Die Grundlage der Existenz ist Energie. Wenn man diese Grundlage kennt, dann ist es, als ob man die Fundamente des Lebens kennt. Wenn man die Wege der Energie versteht, kennt man die gesamte Mechanik der Schöpfung. Wenn du also angeschlossen bist, weißt du, was die Kraft ist, was sie tun kann und was du aus ihr machen kannst. Du bist an eine unendliche Kraftquelle angeschlossen – das ist es, was Kundalini ist.
Wie schließt man sich an die Kundalini an?
Wenn du ein Gerät einsteckst und deine Hände zittern, wirst du die ganze Wand zerkratzen, aber du wirst den Stecker nicht hineinbekommen. In gleicher Weise ist es für viele Menschen schwierig, den fünfpoligen Stecker in die Steckdose zu bekommen, weil es keine Beständigkeit in ihrem Körper, ihrem Geist, ihren Emotionen oder ihren Energien gibt. Yoga ist ein Mittel, um die nötige Beständigkeit zu erlangen, damit man es einstecken kann. Hat man es einmal eingesteckt – grenzenlose Energie! Du musst nicht hingehen und das Kraftwerk kennen oder verstehen lernen. Du steckst es ein und alles ist in Ordnung.
Yoga ist die Wissenschaft davon, wie man den Stecker richtig hineinbekommt, damit es eine ununterbrochene Stromquelle gibt. Wenn du einmal mit dieser ununterbrochenen Stromquelle verbunden bist, wirst du natürlich auf das Ziel dessen zusteuern, wonach sich das Leben sehnt. Du wirst nicht verloren gehen mit deinen ausgefallenen Ideen, Träumen, Gedanken, Emotionen oder Verstrickungen der Welt.
Das organische Atom
Ein menschliches Wesen ist ein „organisches Atom“, eine individuelle Lebenseinheit. Beispielsweise erforschen die Menschen heutzutage die Atomwissenschaft. Ein Atom ist für dich nicht einmal sichtbar, aber wenn man es zertrümmert, passiert etwas Gewaltiges. Und wenn du im Weg bist, wird etwas Schreckliches passieren. Niemand hätte je realisiert, dass in diesem winzigen, kleinen Atom so viel Energie stecken könnte, bis sie es zerschlagen haben. In ähnlicher Weise ist in ein menschliches Wesen eine ungeheure Menge Energie gepackt. Das Erwachen oder der Aufstieg der Kundalini bedeutet, dass du die Technologie gefunden hast, diese Energie anzuzapfen.
Wenn man jedoch diese Dimension der Energie, die eine phänomenale Kraft ist, anzapft, muss man auf stabilem Untergrund stehen. Das ist genauso wie das Erlernen des Umgangs mit der Kernenergie. Heutzutage lernt jeder bedingt durch die japanische Situation viel über die Atomwissenschaft! Falls du die russische Erfahrung vergessen hast, erinnern dich die Japaner daran. Wenn du diese Energie anzapfst, musst du sie mit äußerster Vorsicht anzapfen. Wenn du nicht in einer dafür angemessenen Situation bist, wenn du in der Art eines Tsunami oder Erdbebens bist, könntest du Ärger bekommen. Mit der Kundalini ist es dasselbe.
Baue keine „Kundalini-Bombe“!
Bei der Art von Leben, wie es die meisten Menschen führen, wo es zu viele Dinge gibt – Menschen, Essen oder Aktivitäten –, die nicht unter absoluter Kontrolle sind, ist der Versuch, die Kundalini zu aktivieren, weil man irgendwo ein Buch gelesen hat, wie der Beginn des Baus eines Atomreaktors bei dir zuhause, weil du im Internet gelesen hast, wie man das macht. Offenbar hat es bis 2006 im Internet einen detaillierten Plan darüber gegeben, wie man eine Atombombe baut! Wir wissen nicht, wie viele Menschen es heruntergeladen haben. Das einzige Glück ist, dass sie keinen Zugang zu dem Material haben, das benötigt wird. Auch mit der Kundalini gibt es zu viele Menschen, die darüber gelesen haben, wie man mit dem Erwachen der Kundalini alle möglichen Wunder vollbringen kann. Aber obwohl sie vielleicht intellektuell wissen, was sie tun sollen, wissen sie es erfahrungsmäßig nicht. Und das ist eine gute Sache, denn wenn sie diese Energie aufbrechen und sie nicht in sich fassen können, kann das dein ganzes System in kürzester Zeit zerstören. Nicht nur du, sondern auch die Menschen um dich herum könnten enorm geschädigt werden. Ist Kundalini also etwas Schlechtes? Nein. Sie ist eine gewaltige Sache, aber alles, was gewaltig ist, muss mit äußerster Sorgfalt und Vorsicht durchgeführt werden.
Auf welche andere Weise kann man diese Energie aktivieren?
Gibt es noch etwas anderes, das man tun kann? Jeder Aspekt des Yoga aktiviert in irgendeiner Weise die Kundalini. Tatsächlich wird alles, was du tust, wenn du 10 Minuten lang springst oder Fußball spielst, deine Kundalini bis zu einem gewissen Grad aktivieren. In Momenten absoluter Beteiligung an einem Spiel zeigen Menschen ein phänomenales Energieempfinden, was ihnen in normalen Situationen nicht möglich ist. Das liegt daran, dass die Kundalini bei intensiver Aktivität aktiviert wird. Aber der bewusste Versuch, sie aufzubrechen und zu benutzen ist eine andere Sache. Das muss unter absoluter Kontrolle und Anleitung geschehen.