Kriya Yoga – Eine kraftvolle Art, den spirituellen Weg zu gehen
Yogi und Mystiker Sadhguru erläutert, was Kriya Yoga bedeutet und was es braucht, um diesen Weg zu gehen und die eigentlichen Mechanismen des Lebensprozesses zu erforschen
Sadhguru: Grundsätzlich bedeutet Kriya „innere Handlung“. Wenn du eine innere Handlung ausführst, sind der Körper und der Verstand nicht daran beteiligt, weil sowohl der Körper als auch der Verstand immer noch außerhalb von dir sind. Wenn du eine gewisse Beherrschung darüber hast, eine Handlung mit deiner Energie auszuführen, dann ist es eine Kriya.
Wenn du eine äußere Tätigkeit ausübst, nennen wir es Karma. Wenn du eine innere Tätigkeiten ausübst, nennen wir es Kriya. In gewisser Weise sind beide eine bestimmte Art von Karma oder beide eine bestimmte Art von Kriyas. Aber traditionellerweise oder im üblichen Sprachgebrauch wird es so verstanden: Karmas sind diejenigen, die dich binden; Kriyas sind diejenigen, die die befreien.
Was immer du mit deinem Körper, deinen Einstellungen und deinen Gedanken tust – zum Beispiel mögen heute deine Gedanken in eine Richtung gehen. Morgen, wenn jemand anderes kommt und dich beeinflusst, dann gehen sie einen anderen Weg. Ähnlich verhält es sich mit dem, was wir mit dem Körper machen: Der Körper ist heute gut drauf, also mag er Asanas. Morgen früh ist dein Körper steif, du wirst die Asanas hassen. Deine Emotionen sind überhaupt nicht zuverlässig. Jeden Augenblick können sie von diesem zu jenem wechseln. Aber deine Energien sind anders. Sobald wir anfangen, mit der Energie in einer bestimmten Weise zu arbeiten, hat das Leben eine andere Art von Tiefe. Plötzlich hat jeder Aspekt deines Lebens eine andere Dimension, weil deine Energien berührt und in einer ganz anderen Weise aktiviert worden sind.
Kriya Yoga – Ein kraftvoller Weg
Kriya Yoga ist eine sehr kraftvolle Art, den spirituellen Weg zu gehen, aber gleichzeitig ist es ein sehr fordernder Weg. Was es einem Menschen abverlangt, ist so ungeheuerlich. Für einen modernen, gebildeten Menschen von heute wäre Kriya Yoga unmenschlich, weil es diese Art von Disziplin und eine gewisse Genauigkeit bei allem erfordert. Die meisten Menschen haben nicht mehr den Körper, den Verstand oder die Stabilität der Emotionen für den Weg des Kriya Yoga, weil die Menschen von Kindheit an in zu viel Bequemlichkeit leben. Bequemlichkeit bedeutet nicht körperliche Bequemlichkeit. In einem bequemen Stuhl zu sitzen ist kein Hindernis. Aber dein ganzes Wesen sucht immerzu Bequemlichkeit – das ist ein großes Hindernis. Wenn du auf etwas sitzt, das bequem ist, genieße es, es gibt kein Problem damit. Wenn du aber ständig auf der Suche nach Bequemlichkeit bist, dann ist diese Art von Verstand und Emotion ungeeignet für den Weg des Kriya Yoga. Kriya Yoga kann nicht mit Menschen gemacht werden, die schlaff sind, Menschen, die überall von „Freiheit“ sprechen: „Ich bin nicht frei dies zu tun, bin ich nicht frei jenes zu tun; kann ich nicht das essen, kann ich nicht dort schlafen?“
Wenn man jemanden auf den Weg des Kriya Yoga führt, wenn ich dir sage, schlafe mit deinen Beinen nach oben und dem Kopf nach unten, dann ist es das, wie du schlafen sollst ohne Fragen zu stellen, weil alles davon niemals erklärt werden kann. Du kannst es vielleicht verstehen, wenn du es durchläufst, aber es kann niemals erklärt werden. Und wenn es erklärt werden muss, wird die Essenz der Kriya verloren gehen. Wenn die Leute anfangen, dumme logische Fragen zu allem zu stellen, können Kriyas nicht vermittelt werden.
Wenn wir dir Kriyas als reine Körperübung beibringen wollen, kann ich ein Buch darüber schreiben, und du kannst es lesen und lernen. Aber wenn du willst, dass die Kriya ein lebendiger Prozess ist, wenn wir wollen, dass die Kriya auf bestimmte Weise in dein System eingeprägt wird, dann braucht es Disziplin und Hingabe. Es braucht Vertrauen, um deine Energien der anderen Person gegenüber zu öffnen, so dass du absolut verletzlich wirst. Er könnte alles mit dir tun, und anfangs wirst du beginnen dich zu wundern, was zur Hölle er mit dir macht, weil die Anfangsstadien der Kriyas derart sein können, dass du nicht weißt, ob du erleuchtet oder verrückt wirst. Du musst genug Vertrauen haben, um diese Phasen durchzustehen. Sonst wird die Kriya schwierig sein.
Daher lassen für gewöhnlich auf dem Kriya-Weg die meisten Gurus die Schüler warten. Du kommst und willst Kriya Yoga lernen. „Gut, feg den Boden.“ „Nein, ich will Kriya Yoga lernen.“ „Deshalb sagte ich ja, feg den Boden.“ Du hast den Boden ein Jahr lang gekehrt und gesagt: „Ich habe ein Jahr lang gekehrt.“ „Oh, du bist fertig mit einem Jahr Boden kehren? Mach den Abwasch.“ Lass ihn einfach warten, warten und warten. Benutze ihn, nutze ihn aus, beschimpfe ihn, und trotzdem wird sein Vertrauen nicht erschüttert: „Oh, es muss einen Grund geben.“ Wenn er dahin gelangt, dann kann er in die Kriyas initiiert werden. Andernfalls, wenn man ihn in einer bestimmten Weise energetisch hochfährt, so dass sein System über das übliche Maß hinaus pulsiert, wenn dann seine Einstellungen und Emotionen nicht richtig sind, wird er sich selbst immensen Schaden zufügen. Aber in der heutigen Welt, um zu dieser Art von Zeit mit Menschen zu gelangen, sie warten zu lassen und all das zu durchlaufen, und wann sie zu dieser Art von Vertrauen gelangen, dann ist diese Einprägung etwas weit hergeholt. Es ist nicht unmöglich, aber es ist etwas weit hergeholt in der modernen Welt.
Die Mechanismen des Lebens
Kriya Yoga ist nur wichtig, wenn du Dinge jenseits der Verwirklichung tun willst. Wenn dein Interesse nur ist, diesem Gefängnis irgendwie zu entfliehen und wegzukommen, wenn du nur Erleuchtung oder Mukti willst, dann musst du nicht wirklich den Weg des Kriya Yoga gehen, weil Kriyas so aufwendig sind und so viel Disziplin und Fokus erfordern. Wenn du einfach nur befreit werden willst, dann können Kriyas in geringem Maße eingesetzt werden, es muss nicht zu intensiv sein. Kriya als ein vollständiger Weg ist nicht notwendig, weil es zu viel für die Umsetzung benötigt.
Wenn du dem Kriya-Weg sehr intensiv folgst, kann es ohne Anleitung einige Lebzeiten dauern, um zu reifen. Wenn es jemanden gibt, der lebt, und der mit dir etwas tun kann, dann kann es in diesem Leben geschehen. Andernfalls ist Kriya ein kleiner Umweg. Mit dem Weg des Kriya suchst du nicht nur nach Verwirklichung, du willst auch die Schöpfungsmechanismen des Lebens kennen. Du willst die Konstruktionsweise des Lebens kennen, wie es aufgebaut ist – was man damit tun kann. Deshalb ist es ein viel längerer Prozess.
Menschen, die mit Kriya nach oben gekommen sind, haben eine völlig andere Art von Präsenz an sich, aufgrund der Beherrschung ihrer Energien. Sie können das Leben auseinandernehmen und es wieder zusammensetzen. Aber wenn du nur andere Wege verfolgst, wie Jnana zum Beispiel, bist du messerscharf, du kannst viele Dinge mit deinem Verstand tun, aber dennoch gibt es nicht viel, was du mit deiner Energie tun kannst. Wenn du auf dem Bhakti-Weg bist, gibt es nichts, was du tun kannst und es ist dir egal, du willst dich einfach nur auflösen. Wenn du auf dem Weg des Karma Yoga bist, dann tust du vieles in der Welt, aber du kannst nichts mit dir selbst machen. Aber Kriya Yogis können mit sich selbst in Bezug auf Energie tun, was immer sie wollen, und sie können auch mit der Welt eine Menge bewirken.