Macht hat viele Gesichter, nicht nur politische und wirtschaftliche. Hier spricht Sadhguru die vielen Missverständnisse über Macht an und erklärt, dass sie nicht unbedingt ein Weg zur Korruption sein muss. Stattdessen, so erklärt er, bietet Macht eine Möglichkeit, das zu schaffen, was über einen selbst hinaus Bestand hat.

Sadhguru: Mächtig zu sein ist eine Möglichkeit zu erschaffen, denn ohne Macht kann nichts erschaffen werden. Erst wenn Macht zu einem Mittel wird, um zu dominieren, wird diese Macht hässlich. Da die meisten Menschen unglücklicherweise keine tiefe Erfüllung in sich selbst gefunden haben, trachten sie ständig nach Dominanz.

Wir müssen verstehen, dass Macht nicht nur politische oder wirtschaftliche Macht ist – es gibt verschiedenartige Möglichkeiten, mächtig zu sein. Es gibt die Macht der Liebe, die Macht des Mitgefühls, die Macht der Meditation, die Macht der Versenkung in sich selbst, die Macht der Hingabe, die Macht der Selbstlosigkeit und vor allem die Macht des Menschseins.

Ein Haus, zwei Königreiche

Als ich etwa 5 bis 6 Jahre alt war, fühlte ich mich sehr zu meiner Urgroßmutter hingezogen. Alle anderen hielten sie für verrückt, weil sie in vielerlei Hinsicht als zu sonderbar galt, um in der Familie zu sein. Ich habe sie nicht für verrückt gehalten. Ich hatte sie sehr gern. Mein Großvater war der reichste Mann in der Stadt. Sie lebten in einem sehr großen Haus, in dem jeden Tag Gäste zu Dutzenden ein- und ausgingen. Es war ein riesiger Ort.

Ich war sehr fasziniert von diesen Königreichen an den beiden Enden des Hauses, und irgendwie hatte ich immer das Gefühl, dass das Reich meiner Urgroßmutter mehr Anmut und Schönheit ausstrahlte.

Mein Großvater, ein sehr reicher Mann, führte seine eigene Art von „Königreich“. Er saß an der Haustür, normalerweise um 6:30 Uhr morgens, und es ging bis 10:30-11:00 Uhr. Das erste war die Versorgung der Bettler. Jeden Tag am Morgen bekamen alle Bettler in der Stadt eine Mahlzeit. Für gewöhnlich wurden etwa 500 davon vor dem Haus versorgt. Dies war für die Buchhaltung, um ein Ticket in den Himmel zu kaufen. Jeden Tag wurde genau darüber Buch geführt, wie viele Bettler an diesem Tag gespeist worden waren. Dann kamen seine finanziellen Transaktionen. Er hatte praktisch jedem in der Stadt Geld geliehen. Alle diejenigen, die ihre Zinsen nicht bezahlt hatten, mussten am Morgen kommen.

An der Hintertür führte meine Urgroßmutter ihr Königreich. Die Leute, die zu meinem Großvater kamen, taten dies, weil sie nicht anders konnten – weil er Geld und Macht hatte. Die gleichen Leute, nachdem sie mit ihm fertig waren und die schreckliche Erfahrung gemacht hatten, mit ihm zu tun zu haben, fanden ihren Weg zur Hintertür, wo meine Urgroßmutter saß. Sie hatte nichts zu geben, aber jeder wollte wenigstens für ein paar Minuten dort sein mit ihr und dann gehen. Sie führte ihre eigene Art von Königreich.

Ich war sehr fasziniert von diesen Königreichen an den beiden Enden des Hauses, und irgendwie hatte ich immer das Gefühl, dass das Reich meiner Urgroßmutter mehr Anmut und Schönheit ausstrahlte. Die Leute kamen dorthin, weil sie dorthin kommen wollten. Die Leute gingen zu meinem Großvater, weil sie dorthin gehen mussten, sie hatten keine andere Möglichkeit. Ich bin mir sicher, dass diese Leute, wenn sie genug Geld gehabt hätten, ihn nicht angeschaut hätten, aber jetzt mussten sie für so viele Dinge zu ihm gehen, und weil er so viele Dinge in der Stadt kontrollierte. Die Leute kamen zu ihm wegen der Macht des Geldes, aber zu ihr kamen sie um der Liebe willen, nur für eine Umarmung von ihr.

Eine machtvolle Präsenz

Mächtig zu sein ist keine Torheit. Es ist sehr wichtig, dass jeder Mensch ein mächtiger Mensch ist, denn das Gegenteil von mächtig zu sein ist, machtlos oder schwach zu sein. Schwäche sollte nicht gefeiert werden, nur weil die Macht von einigen missbraucht wurde.

Wenn ich von der Kraft im Inneren spreche, meine ich jene Dimension, die dich von innen heraus erschafft.

Macht an sich ist noch keine Korruption. Wenn Menschen, die nach Dominanz trachten, an die Macht kommen, wird sie zu einer Quelle der Korruption. Wenn Menschen ein tiefes Gefühl der Erfüllung in sich haben und sehen, was sie für das Wohlbefinden aller schaffen können, dann ist Macht eine wunderbare Sache, und jeder Mensch sollte ein mächtiger Mensch sein.

Mächtig zu sein muss nicht zwangsläufig bedeuten, über jemand anderen mächtig zu sein. Du kannst einfach durch deine bloße Präsenz mächtig sein. Je abwesender jemandes Persönlichkeit wird, desto mächtiger wird seine Präsenz. Das ist die Essenz des spirituellen Sadhana, dass, wenn du deine Persönlichkeit auflöst, deine Lebenspräsenz sehr mächtig wird. Das Leben ist ein machtvoller Prozess. Wenn du das erfüllen willst, musst du ein mächtiger Mensch sein.

Wenn du eine machtvolle Präsenz hast, die über deine Persönlichkeit hinausgeht, kann diese Präsenz Abdrücke hinterlassen, die für immer sind. Das ist die Macht der spirituellen Wesen der Vergangenheit. Obwohl sie seit Tausenden von Jahren verschwunden sind, geht ihre Arbeit immer noch weiter; denn wenn man seine Muskelkraft benutzt, hat das Werk eine gewisse Lebensdauer. Wenn man seine Gedankenkraft einsetzt, hat das Werk eine viel größere Lebensdauer. Wenn man die Kraft seines innersten Kerns benutzt, ist das Werk ewig.

Die dauerhafteste Art von Macht ist also die Verwirklichung der Kraft im Inneren. Wenn ich von der Kraft im Inneren spreche, meine ich jene Dimension, die die Grundlage für die Erschaffung deines Körpers ist, jene Dimension, die dich von innen heraus erschafft. Dies ist die eigentliche Quelle der Schöpfung. Das ist die ultimative Macht. Sobald du diese Macht suchst, sobald du diese Macht kennst, sobald du Zugang zu dieser Macht hast, dann ist Macht keine Korruption, Macht ist Göttlich.

Editor's Note: Die „Power to Create“-Meditationen für Frieden, Liebe, Gesundheit und Erfolg (auch als „Chit Shakti“ bekannt) ermöglichen es jedem von uns, sein eigener Alchemist zu werden, indem sie uns befähigen, lang gehegte Wünsche in die Realität umzusetzen. Probiere es aus!