E ines Tages, als der Zen-Mönch Tanzan und ein junger Mönch unterwegs waren, kamen sie an einen Fluss mit einer starken Strömung. Als sie sich anschickten, den Fluss zu überqueren, sahen sie eine junge Frau, die in Not war und ebenfalls versuchte, auf die andere Seite zu kommen.
Tanzan bot an: „Hier, lass mich dich hinübertragen“, und setzte sie sanft auf der anderen Seite ab.
Die Frau sagte: „Vielen Dank. Auf wiedersehen.“
Die beiden setzten ihre Reise mehr als einen halben Tag lang fort. Schließlich konnte der jüngere Mönch nicht mehr an sich halten und es platze aus ihm heraus: „Ich dachte, wir Mönche sollten Frauen meiden. Warum hast du das eben getan?“
„Oh, du meinst die Frau von da hinten? Ich habe sie schon lange abgesetzt, als wir das Ufer erreicht haben. Trägst du sie immer noch?“

Sadhguru: Der Grund, warum die Menschen in ihrem Leben zu kämpfen haben, ist, dass sie sich nicht darum bemüht haben, die Natur ihres Verstandes zu verstehen. Ein grundlegender Aspekt des Verstandes ist, dass wenn du sagst: „Ich will nicht“, dann wird das der Hauptinhalt deines Verstandes. Wenn du ein Gelübde ablegst: „Von jetzt an werde ich nicht mehr an Affen denken“, dann wirst du den ganzen Tag nur an Affen denken. Wenn du nicht solch ein Gelübde ablegen würdest, würdest du wahrscheinlich nie an Affen denken, außer du siehst sie.

Ein Mönch zu sein, ein Brahmachari zu sein, ist kein starres Gelübde, das besagt: „Ich werde keine Frau berühren.“

Wenn du sagst: „Ich will etwas nicht“, wird nur das passieren, denn im Verstand gibt es keine Subtraktion oder Division. Addition und Multiplikation werden geschehen. Mit Gewalt kannst du einen bestimmten Gedanken nicht aus deinem Kopf entfernen. Es ist nur so, dass wenn dein Streben nach etwas Höherem ist, sich all diese Dinge auflösen können. Ein Mönch zu sein, ein Brahmachari zu sein, ist kein starres Gelübde, das besagt: „Ich werde keine Frau berühren.“ Du hast dich verpflichtet, etwas Höheres in deinem Leben zu erreichen, eine andere Dimension zu berühren, in der weltliche Dinge für dich bedeutungslos sind.

Wenn du sehr darauf fokussiert bist, den Gipfel des Berges zu erreichen, ist das, was am Fuße des Berges ist, nicht wichtig für dich. Aber wenn du versuchst, einen Abstecher um den Fuß des Berges zu machen, wie willst du dann den Gipfel erreichen? Wenn du auf die Spitze des Berges fokussiert bist, wirst du den Bergfuß überqueren und ihn nicht einmal bemerken.

Eine Frau brauchte etwas Hilfe, und so tat der ältere Mönch, was nötig war, ließ sie dort zurück und ging weiter. Wahrscheinlich machte es ihm nicht einmal etwas aus, ob es ein Mann oder eine Frau war. Der jüngere Mönch, der versucht hat, die Frau zu meiden, kann sie nicht absetzen, und das geht ihm weiter im Kopf herum.

Editor's Note: Das zugrundeliegende Video findest du auf unserem Youtube-Kanal. Im folgenden Artikel geht Sadhguru auf die große Zen-Zeit in Japan ein und erzählt eine weitere Geschichte.