Kalabhairava Karma – Über den Sterbeprozess im Ashram
Sadhguru spricht über Sterbebegleitung als einen Prozess der yogischen Kultur, der die Zeit des Übergangs für die Verstorbenen so förderlich wie möglich gestalten soll
W ir beginnen einen Prozess namens „Kalabhairava Karma“. Dieser ist nur für die Toten, um sicherzustellen, dass ihr neuer Ort ein besserer Ort ist. Wenn jemand stirbt, denkt man diese Person sei tot, aber was diese Person betrifft, so hat sie nur ihren Körper und alles, was sie als Leben kannte, verloren. Als sie ihren Körper verlor, verlor sie auch die Entscheidungsfreiheit ihres Verstandes. Was bedeutet es, deine Freiheit zu verlieren, nach eigenem Ermessen zu handeln? Nehmen wir an, jemand, den du kennst, ist gestorben und du bist traurig und unglücklich geworden. Vielleicht trauerst du eine Weile, aber nach einer gewissen Zeit wirst du nach deinem eigenen Ermessen entscheiden: „Es macht keinen Sinn, immer nur so weiterzumachen, ich will mich wieder auf das besinnen, was ich zu tun habe.“ Aber jemand, der nicht in der Lage ist, nach eigenem Ermessen zu entscheiden, wird lange Zeit in diesem Zustand verbleiben, da das Urteilsvermögen nicht so funktioniert, wie es sollte. Was deshalb auch immer seine Tendenzen sind, diese Tendenzen werden sich vervielfachen. Wenn er angenehme Tendenzen hatte, werden die angenehmen Tendenzen schnell anwachsen; wenn er unangenehme Tendenzen hatte, wird sich das lawinenartig zu etwas äußerst Unangenehmem ausweiten.
Jede Kultur ist sich dessen bewusst – unabhängig davon, wo oder in welcher Religion – dass man, wenn ein Mensch stirbt und wer auch immer er sein mag, eine angenehme Atmosphäre schaffen muss. Selbst wenn dein Feind im Sterben liegt, schaffst du in eben diesem Augenblick keine Unannehmlichkeiten für ihn.
So können wir entweder im letzten Moment oder kurz danach dieses Leben immer noch auf eine Weise berühren, dass Angenehmes in dieses Leben einsickert. Wenn ihm einmal Angenehmes zugetragen wird – und sei es auch nur ein Tropfen Angenehmes –, dann wird dies, wenn man es in ihn hineinlegt, nach einiger Zeit zu einem Ozean des Wohlbefindens werden, weil er nicht darüber urteilen und Entscheidungen treffen kann, er kann es nicht stoppen.
Wir können also einen Tropfen Angenehmes in dieses Wesen legen; dies gilt für bis zu 14 Tage für die über 50-Jährigen, die eines natürlichen Todes sterben; und für bis zu 48 Tage für die unter 50-Jährigen. In dem Fall, dass jemandes Leben sehr pulsierend war, er aber entweder durch einen Unfall oder durch Selbstmord umgekommen ist, können wir dies bis zu 48 Tage für die über 33-Jährigen und bis zu 90 Tage für die unter 33-Jährigen tun.
Dies war schon immer ein wesentlicher Bestandteil der yogischen Kultur, dass wenn jemand stirbt und er nicht die Bewusstheit besitzt, seinen Sterbeprozess entsprechend zu leiten, es jemand anderes für ihn tut. Aber leider sind diese Traditionen, vermutlich in den letzten 100-150 Jahren, weitgehend in Vergessenheit geraten; was übrig geblieben ist, ist zumeist korrumpiert und kommerziell. Wenn du jemanden verlierst, der dir am Herzen liegt, wird man dich bitten, Schuhe für die Toten, einen Regenschirm für die Toten, eine Kuh oder ein Pferd mitzubringen, oder man wird dich heutzutage sogar nach einem Mercedes fragen. Der Tote braucht keine Schuhe; einer, der seinen Körper verloren hat, wird keine Schuhe tragen. Wenn der Mann, der dies durchführt, Schuhe haben will, muss er ganz offen sein und sagen: „Ich will Schuhe haben.“ Zumindest wird er die richtige Größe bekommen. Wenn er die Größe des Toten bekommt, muss er gehen und sie verkaufen.
Wir werden also den Bhairavi-Tempel als Energiebasis nutzen und bestimmte Prozesse für die Toten durchführen. Wenn jemand stirbt, den du kennst, oder wenn du jemanden kennst, bei dem jemand gestorben ist, dann wird ein bestimmter Prozess passieren, wenn du uns innerhalb einer bestimmten Zeitspanne ein Kleidungsstück von ihm schickst.
Wir wünschen uns, dass die Menschen glücklich leben. Wenn sie dies nicht schaffen, wenn sie nicht glücklich leben, dann müssen sie zumindest friedlich sterben. Wenn sie nicht einmal das schaffen, dann wollen wir nach ihrem Tod etwas dafür tun. Auch wenn du stirbst, werde ich also keine Mühen scheuen, um dich spirituell zu machen.
An anderer Stelle geht Sadhguru der Frage nach, warum man in Indien traditionell die Asche der Verstorbenen in den Ganges streut.