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Yoga – Ein Teil von allem sein

Von der Wortbedeutung und Patanjalis Yogasutras ausgehend erklärt Sadhguru, was Yoga wirklich ist

Fragesteller: Du hast Yoga als einen Zustand definiert vermutlich einen Zustand des Seins oder einen Zustand des Bewusstseins. Die meisten Menschen denken bei Yoga an etwas, das sie tun sie sagen: „Ich werde heute mein Yoga machen.“ Kann man zwischen diesen Dingen unterscheiden? Und in den Yoga Sutras, gleich zu Beginn, definiert Patanjali Yoga mit der Sanskrit-Phrase „Chitta vritti nirodha“. Kannst du erklären, was das bedeutet?

Sadhguru: „Yoga“ ist ein umfassendes Wort, das Einheit bedeutet. Alles, was zu Einheit führt, kann Yoga genannt werden. Mit anderen Worten, vom einfachen Vorgang des Atmens bis hin zum Sitzen, Gehen, Essen und was auch immer ein Mensch sonst noch tut – all das kann in Yoga umgewandelt werden. Wenn ich also esse und mir bewusst bin, dass ich etwas, das nicht ich bin, zu einem Teil von mir mache – ich vereine mich mit etwas, das ich bis vor zehn Minuten noch nicht war – wenn das deine Erfahrung ist, kannst du das „Ess-Yoga“ nennen.

Nur die Oberfläche des Yoga ist in den Westen gelangt. Zu denken, dass Yoga eine Körperübung ist, ist wie eine Totgeburt – es gibt kein Leben darin.

Das Wort „Yoga“ wurde in der Vergangenheit mit einem gewissen Verständnis verwendet, aber heute wird es locker und leichtfertig benutzt. Jetzt gibt es Wasser-Yoga, Hunde-Yoga, Katzen-Yoga – alle möglichen Dinge. Das ist ein Missverständnis. Nur die Oberfläche des Yoga ist in den Westen gelangt – nicht die Seele des Yoga. Das ist ein ernstes Problem. Zu denken, dass Yoga eine Körperübung ist, ist wie eine Totgeburt – es gibt kein Leben darin.

Deine Rücken- und Kopfschmerzen loszuwerden ist nicht das Ziel von Yoga. Nehmen wir zum Beispiel an, du wüsstest nicht, was ein Flugzeug ist und ich gebe dir eins. Du versuchst, damit in Los Angeles herumzufahren, aber du siehst diese beiden hässlichen Dinger an der Seite, die gegen Laternenpfähle und Bäume prallen. Also hackst du die Flügel ab und fährst mit deinem Flugzeug herum. Du magst ziemlich glücklich sein, aber jemand, der weiß, was es bedeutet zu fliegen, wird weinen. Wenn ich mir anschaue, wie Yoga an vielen Orten praktiziert wird, geht es mir genauso – mir ist zum Weinen zumute, weil die Leute ein Flugzeug fahren mit abgehackten Flügeln.

Die Yoga Sutras von Patanjali

Du musst nicht viele Übungen machen, so wie manche versuchen, 36 oder 84 Asanas zu machen – ein einziges würde ausreichen. Du hast dich auf Patanjali bezogen. Viele Menschen denken, Patanjali sei der Ursprung des Yoga – das ist er nicht. Als Patanjali kam, hatte sich Yoga stark entfaltet und zu über 1800 Schulen entwickelt. Zu jener Zeit gab es in Indien über 1800 Arten von Yoga.

Patanjali sagte einfach: „Chitta vritti nirodha.“ Das bedeutet, wenn der Stillstand des Intellekts eintritt, bist du im Yoga.

Dies geschieht heute in der medizinischen Wissenschaft. Wenn man vor dreißig Jahren eine medizinische Untersuchung wollte, musste man zu einem einzigen Hausarzt gehen. Heute muss man zu sechs oder sieben Ärzten gehen, denn es gibt verschiedene Ärzte für die verschiedenen Körperteile. Als ich vor ein paar Jahren in Atlanta war, verletzte ich mich beim Fußballspielen schwer am Knie. Bei einem Vortrag, den ich hielt, war mein Knie bandagiert. Am Ende kam jemand zu mir und sagte: „Sadhguru, ich glaube, ich kann mir dein Knie ansehen. Ich bin ein Kniedoktor.“ Ich sagte: „Was? Du musst ein Orthopäde sein.“ Er sagte: „Nein, ich bin ein Kniedoktor.“ Anscheinend führt er jeden Tag eine Reihe von Knieoperationen durch – er macht nichts anderes als Knieoperationen. Dann fragte ich: „Für welches Knie, das rechte oder das linke?"

Im Moment gehen wir vielleicht zu sechs Ärzten, um uns untersuchen zu lassen, aber wenn sie sich weiter spezialisieren, braucht man in 50 Jahren vielleicht 100 Ärzte, denn wenn man auch nur den kleinen Finger genau untersucht, braucht man ein ganzes Team von Ärzten – er ist so komplex. Wenn du dich mit jedem Aspekt deines Körpers beschäftigst, wirst du sehen, dass er solch eine komplexe Maschine ist.

Aber wenn es über einen bestimmten Punkt hinausgeht und du dich mit 100 Ärzten treffen musst, um deine Gesundheit zu überprüfen, wirst du, wenn du alle Termine wahrgenommen hast, einen Termin bei einem Bestatter haben – es wird lächerlich. So war es auch beim Yoga. Als Patanjali kam, sah er dieses immense Wissen, aber es war für niemanden mehr möglich, alles zu begreifen. Also reduzierte er das Ganze auf ein paar Sutras – die acht Glieder des Yoga –, damit es für die Menschen etwas leichter zu erfassen ist. Es war nicht falsch, dass es 1800 Arten von Yoga gab – es war nur unpraktisch.

Chitta Vritti Nirodha

Patanjali definierte und beschrieb Yoga auf vielerlei Weise, denn er war eher ein Wissenschaftler als ein Heiliger. Er ging dabei sehr mathematisch vor. Ein Sutra ist wie eine Formel. Patanjali sagte einfach: „Chitta vritti nirodha.“ Das bedeutet, wenn der Stillstand des Intellekts eintritt, bist du im Yoga. Die grundlegende Natur deines Intellekts ist, dass er zerteilt. Er ist ein messerähnliches Instrument. Der Weg für den Intellekt, etwas zu analysieren und zu wissen, ist, alles zu sezieren, zu zerschneiden und zu betrachten. Wenn du alles sezierst, wirst du einen Aspekt des Lebens kennen, aber du wirst nicht die Natur des Lebens erkennen.

Durch Sezieren kann man das Körperliche kennen – aber man kann nicht die Gesamtheit des Lebens kennen. Patanjali sagte also, wenn du deinen Intellekt bewusst abstellst und du dennoch wach bist, nicht betäubt, wenn du deinen Intellekt zum Stillstand bringst und er nichts zerschneidet, dann befindet er sich in einem Zustand von nirodha. Das bedeutet, der Intellekt ist nicht aktiv, aber du bist voll bewusst. Dann bist du im Yoga, denn wenn du die Welt nicht zerteilst, wenn du atmest, wenn du mit Leben pulsierst, wirst du wissen, dass du ein Teil von allem bist.

GEPOSTET IN: KLASSISCHES YOGA

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