Fragesteller: Es scheint, dass es Menschen gibt, die wissen, was sie zu tun haben, und ich verstehe einfach nicht warum ich auf dem Weg bin, auf dem ich bin. Was ist meine Bestimmung im Leben, wenn du mir darüber Einsicht verschaffen kannst? Danke.

Sadhguru: Ist es nicht fantastisch, dass wenn es keine Bestimmung gibt, du nichts zu erfüllen hast und du einfach leben kannst? Nein, aber du willst eine Bestimmung und keine einfache Bestimmung, du willst eine „gottgegebene“ Bestimmung. Es ist sehr gefährlich. Menschen die meinen, dass sie eine gottgegebene Bestimmung haben, verüben die schlimmsten Gräueltaten auf dem Planeten. Ja oder Nein? Sie machen die grässlichsten Dinge und sie haben immer schon die grässlichsten Dinge getan, denn wenn man eine gottgegebene Bestimmung hat, wird das Leben hier weniger wichtig als deine Bestimmung.

Nein, Leben ist wichtig. Leben ist wichtig – wenn ich „Leben“ sage, dann spreche ich nicht von deiner Familie, deiner Arbeit, was du tust, was du nicht tust, deiner Partei – ich spreche nicht von solchen Dingen als Leben. Das ist Leben (bezieht sich auf sich selbst), nicht wahr? Leben ist in dir oder um dich? Du verwechselst den Schauplatz des Lebens mit dem Leben. Dein Heim, deine Familie, dein Arbeitsplatz, deine Partei – das sind alles Schauplätze des Lebens. Das ist nicht Leben, oder? Ja oder Nein?

Teilnehmer: Ja.

Sadhguru: Du verwechselst den Schauplatz mit der wirklichen Sache. Nein. Leben ist wichtig, weil es das Einzige ist, das du kennst, du kennst nichts anderes. Kennst du etwas anderes? Der Rest ist alles eingebildeter Kram. Das Einzige ist, dass das hier schlägt und lebendig ist und das ist alles was ist.

Das ist der größte Aspekt des Lebens – dass es keinen Sinn hat und dass es gar keinen Sinn haben muss.

Also, ist das wichtig? Es ist von überragender Wichtigkeit. Nicht du als Person, das ist nicht wichtig, aber du als ein Stück Leben – das ist sehr wichtig, weil das die Grundlage von allem ist. Wenn ich sage: „Das ist die Grundlage von allem“; das Universum existiert für dich nur weil du bist, nicht wahr? Ja oder nein? Die Welt existiert für dich nur weil du bist, ansonsten würde sie in deiner Wahrnehmung nicht existieren. Es ist also wichtig in jeder Hinsicht.

Was ist also der Sinn von all dem? Schau, wenn du eine Bestimmung hättest und du hast sie erfüllt, was würdest du danach tun? Langeweile, oder? Es ist nur so, dass das Leben so komplex und so phänomenal vielschichtig ist, dass wenn du es 10.000 Jahre lang eingehend betrachtest, es immer noch nicht vollständig erfassen kannst. Wenn du eine Million Jahre damit zubringst, es mit absoluter Aufmerksamkeit zu betrachten, wirst du es dennoch nicht in seiner Gesamtheit erfassen. So ist es nun mal. Gibt es darin einen Sinn? Das Größte am Leben ist, dass es nicht sinnvoll ist. Das ist der größte Aspekt des Lebens – dass es nicht sinnvoll ist und dass es nicht sinnvoll zu sein braucht. Es ist aufgrund der Kleinlichkeit des eigenen Verstandes, dass er einen Sinn sucht, weil du dich psychologisch getrennt vom Leben fühlen wirst, wenn du keine Bestimmung und keinen Sinn hast.

Menschen versuchen ständig, diese falschen Bestimmungen zu kreieren. Eben noch fühlten sie sich wohl und glücklich. Auf einmal haben sie geheiratet. Jetzt ist der andere Mensch ihre Bestimmung. Dann bekommen sie Kinder. Jetzt werden sie unglücklich miteinander. Jetzt ist meine ganze Bestimmung, dass ich all das Elend durchmache wegen der Kinder.

Und so geht es weiter. Das sind Dinge, die du verursachst und die du für die Bestimmungen deines Lebens hältst. Und liegt darin ein gottgegebener Sinn? Was ist wenn Gott nicht weiß, dass du existierst? Nein, ich frage nur, zufälligerweise. Ich meine da ist dieser riesige Kosmos, für den Gott der Schöpfer und Verwalter dieser hundert Milliarden Galaxien sein soll, und darin dieser winzig kleine Planet, und du in Houston, tja... Angenommen er weiß nicht, dass du existierst, was dann? Möglich oder nicht? Es tut mir leid, ich sage solche frevelhaften Dinge, aber ist es möglich oder nicht? Was, wenn er nicht weiß, dass du existierst?

Das Bedürfnis nach einem Sinn ist entstanden, weil du in deiner psychologischen Struktur gefangen bist, und nicht in deinem Lebensprozess.

Was ist, wenn er keinen Plan für dich hat? Angenommen, er hat keinen individuellen Plan für dich! Suche nicht nach solchen Dingen. Die Sache ist, dass die Schöpfung so gemacht ist, dass Schöpfung und Schöpfer nicht getrennt werden können. Hier bist du ein Teil der Schöpfung. Gleichzeitig pulsiert die Quelle der Schöpfung in dir. Wenn du diesem Lebensprozess ein wenig Aufmerksamkeit schenkst, brauchst du keine Bestimmung. Es wird dich eine Million Jahre lang beschäftigen, wenn du willst. Es passiert so viel – „so viel“ bedeutet, dass genau hier so viele unglaubliche Dinge passieren. Wenn du dem genug Aufmerksamkeit schenkst, eine Million Jahre Existenz oder mehr wird es dich beschäftigen.

Im Moment ist das Bedürfnis nach einem Sinn entstanden, weil du in deiner psychologischen Struktur gefangen bist, nicht in deinem Lebensprozess. Deine psychologische Struktur funktioniert anhand der begrenzten Daten, die sie gesammelt hat. Innerhalb dieser dreht sie sich und gerade jetzt sind deine Gedanken und Emotionen viel wichtiger geworden als dein Leben. Aus diesem Grund suchst du einen Sinn als einen Ausweg aus der Falle, die du dir selbst gestellt hast. Es ist eine Falle, die du dir selbst gestellt hast. Du kannst ihr leicht entkommen. Wenn jemand anders die Falle für dich aufgestellt hätte, wäre es schwer zu entkommen, weil sie die Falle so stellen, dass du nicht entkommen kannst.

Ich rede vom Leben, nicht von der Ehe, das ist es was ich meine. Diese Falle hast du dir also selbst gestellt. Da ist es leicht herauszukommen, aber gerade das ist die ganze Sache. Warum es so schwierig ist? Weil du dich jetzt mit der Falle identifizierst, du magst sie. Du magst sie, weil sie dir ein gewisses Gefühl von Sicherheit, Schutz und individueller Identität gibt. Wenn du einen Kokon um dich herum baust, gibt er dir Sicherheit, aber er hält dich auch gefangen. Mauern der Selbsterhaltung sind auch Mauern der Selbstinhaftierung. Wenn sie dich schützen, magst du sie. Wenn sie dich einschränken, magst du sie nicht. Deshalb haben wir Türen. Wir mögen die Wände, weil sie uns beschützen, aber wir haben Türen, damit wir sie öffnen und hinausgehen können, wenn wir wollen. Es ist egal, wie schön es ist, wir wollen dennoch auch hinausgehen, nicht wahr?

Diejenigen, die in ihrem Leben einen Sinn finden, werden so eingebildet. Sie werden für immer in ihrer eigenen Falle leben und denken, dass sie die fantastischste Sache tun.

So ist es also mit jeder Falle, die du aufstellst. Es ist egal wie schön sie ist, du willst dennoch hinausgehen. Die psychologische Mauer, die du errichtet hast, die dir ein gewisses Gefühl von Identität gibt, die dir ein gewisses Gefühl gibt eine individuelle Person zu sein, und die dir Sicherheit vermittelt, du beginnst also, sie wie eine Falle zu erleben; irgendwo willst du sie durchbrechen. Eine Möglichkeit, sie nicht zu durchbrechen, ist einen Sinn zu finden. Diejenigen, die in ihrem Leben einen Sinn finden, werden so eingebildet. Sie werden für immer in ihrer eigenen Falle leben und denken, dass sie die fantastischste Sache tun. Und gerade jetzt hast du gesagt: „Ich habe einen Sinn gefunden.“ Nein, ich alberne nur herum, wirklich! Dies ist keine Mission. Die Leute denken, ich sei eine Art Missionar, wegen der Energie mit der ich es angehe. Ich gehe nicht mit dem geringsten Eifer daran, aber ich gehe es mit einer gewissen Energie an, weil es für mich normal ist, mich in alles was ich tue in gleicher Weise zu involvieren.

Weißt du, die letzten zwei Monate waren wie ein Blitzschlag voller Aktivität; ein Blitzschlag deswegen, weil es ohne einen Tag Pause, ohne eine Stunde Pause dahinging, über zwanzig Stunden am Tag, nonstop. Ich war also in London, machte eine dreitägige Veranstaltung mit, dann bin ich direkt von dort nach Kumbh geflogen. Von dort haben sich alle von uns eine Grippe eingefangen, aber dann ging ich direkt nach Hyderabad, ich flog am selben Nachmittag und am Abend begann ich mit einem Programm – eine dreitägige Veranstaltung. Alle die mit mir reisten lagen danieder, aber ich habe mit meiner Grippe ein dreitägiges Kursprogramm gegeben. Dann kam ich in den Ashram und es startete der Samyama-Kurs an diesem Abend, acht Tage Samyama, was ein intensiver Prozess ist. Am Tag an dem Samyama zu Ende war, starteten wir das Yaksha- und das Inner-Way-Programm. Am Tag als diese zu Ende waren, hatten wir das Mahashivaratri, dann Treffen mit den Brahmacharis und den Lehrern – und so ging es weiter. Mein Arbeitstag bedeutet, dass ich zwölf bis vierzehn Stunden bewegungslos am selben Ort sitze. Alle gehen auf die Toilette, nur ich nicht.

Ich dachte also, ich müsste mich mal ein bisschen bewegen und sagte: „Lasst uns Golf spielen gehen.“ Wir gingen zu einem Ort in den nahegelegenen Bergen, ich ging mit drei anderen Leuten, die von woanders her angereist kamen. In zweieinhalb Tagen spielte ich fünfundachtzig Löcher in den Bergen. Sie kamen alle nacheinander, aber ich ging den ganzen Weg. Jede Runde, die du absolvierst, gehst du. Keine Buggies und all das Zeug, zu Fuß. Zehn Kilometer gehst du in den Bergen in fast 2000 Metern Höhe, fünfundachtzig Löcher in zweieinhalb Tagen.

Es ist wundervoll, hier ohne jeden Sinn zu existieren. Es bedarf einer gewissen Freiheit von deiner psychologischen Struktur, um hier ohne jeden Sinn zu sein.

Um das aufzugreifen, ist Golfen also etwas Sinnstiftendes in meinem Leben? Nein. Ich gehe alles mit einer gewissen Energie an. Das bedeutet nicht, dass ich einen Sinn darin gefunden habe einen Ball zu schlagen. Ebenso lehre ich Inner Engineering, weil ich finde, dass es für die Menschen nützlich ist. Wenn ich etwas Langeweile im Gesicht von jemandem sehe, werde ich danach vielleicht nicht mehr lehren. Weil ich immer noch sehe, dass die Menschen begierig und bemüht sind, etwas wissen zu wollen, bin ich dabei. Wenn ich sehe, dass die Leute um mich herum gelangweilt sind, dann wirst du mich vielleicht nie wieder lehren sehen, weil ich das Lehren von Inner Engineering nicht als eine Bestimmung sehe. Im Moment sehe ich, dass es notwendig ist.

Wahrscheinlich ist es gerade schwierig für dich, das zu verstehen, aber die Dinge, in die ich mein Leben werfe, sind Dinge, die mir nichts bedeuten, wirklich nicht! Du denkst, dass Isha Foundation mir die Welt bedeutet? Nein. Im Moment sehe ich, dass wir ohne eine Stiftung nicht funktionieren können. Mit großem Widerwillen habe ich die Organisation gegründet. Jetzt ist sie gewachsen, gewachsen weit über das hinaus was die meisten Menschen verstehen – sie ist sehr groß geworden. Ist sie mein Augapfel? Nein. Ich mag keinen Apfel in meinem Auge, ich mag meine Augen klar. Ich halte sie von allen Äpfeln frei. Ihr wisst, was das letzte Mal passiert ist, als jemand mit dem Apfel Probleme hatte.

Ich sage also, dass ich mich mit großer Leidenschaft auf etwas stürze. Das bedeutet nicht, dass das der Sinn meines Lebens ist. Es ist wundervoll, hier ohne jeden Sinn zu existieren. Es bedarf einer gewissen Freiheit von deiner psychologischen Struktur, um hier ohne jeden Sinn zu sein. Wenn du in deiner psychologischen Struktur gefangen bist, brauchst du einen Sinn. Andernfalls wird deine psychologische Struktur ihre Integrität verlieren. Deswegen sagte ich dem Mädchen, das damals fragte: „Das erste, was du brauchst, ist deine Balance. Wenn du deine Balance halten kannst, dann kannst du klettern. Wenn du keine Balance hast, ist es besser, du bleibst am Boden.“ Es ist nicht sicher für jemanden, der kein Gleichgewicht hat, hoch zu klettern. Es ist am besten, nahe am Boden zu bleiben. Du solltest nicht klettern.

Zuerst musst du also ein Gleichgewicht schaffen, dann lockerst du deine psychologische Struktur, dann ist es eine wunderbare Sache. Wenn du deine psychologische Struktur ohne Gleichgewicht lockerst, was viele Leute heutzutage tun… Schau, warum hat jemand den Wunsch Alkohol zu trinken oder eine Droge zu nehmen? Weil es deine psychologische Struktur lockert und du dich für einen Moment befreit fühlst, aber ohne das notwendige Gleichgewicht. Du hast nicht auf das Gleichgewicht hingearbeitet, aber du hast Freiheit. Freiheit ohne Gleichgewicht ist Zerstörung, Anarchie, nicht wahr?

Der Sinn des Lebens ist zu leben und absolut zu leben. Absolut zu leben bedeutet – bevor du tot umfällst, soll jeder Aspekt des Lebens erforscht sein, nichts ist unerforscht geblieben.

Als Erstes muss man also für Gleichgewicht sorgen, ein enormes Gleichgewichtsempfinden, bei dem man, selbst wenn man seine psychologische Struktur abbaut, einfach hier leben kann. Der Abbau deiner psychologischen Struktur ist ein wichtiger Prozess, denn das ist deine Falle, das ist deine Sicherheit, das ist deine Stabilität. Gleichzeitig ist es deine Falle. Weil die Wände stehen, fühlst du dich sicher, aber das ist auch deine Falle. Wenn du deine Falle demontierst, demontierst du auch deine Sicherheit, nicht wahr? Du demontierst auch dein Gefühl für Sinn und Zweck. Du demontierst auch alles, was dir wichtig ist. Daher wird es Gleichgewicht benötigen. Wenn du ohne Gleichgewicht demontierst, wirst du verrückt werden. Aber suche nicht nach einem Sinn, denn wenn du nach einem Sinn suchst, suchst du den Wahnsinn. Wenn du einen findest, bist du sicher verrückt. Ja. Wenn du denkst, dass du einen Sinn im Leben gefunden hast, bist du mit Sicherheit verrückt geworden, weil nur die wahnsinnigen Menschen einen Sinn haben oder Menschen, die einen Sinn haben, in vielerlei Hinsicht verrückt sind.

Das sind Dinge, die du in deinem Kopf erschaffst und glaubst, dass sie wahr sind, oder? Gerade jetzt ist „für mein Land zu kämpfen meine Bestimmung“. Gerade jetzt, wenn es notwendig ist, werde ich kämpfen, wohl wissend, dass es ein unnötiger, blutiger Kampf ist. Ja. Dann wirst du nur so viel kämpfen, wie es unbedingt nötig ist. Wenn du denkst, dass es deine Bestimmung ist, würdest du die ganze Welt zerstören wollen wegen dem Unsinn, an den du glaubst, ist es nicht so? Wenn etwas benötigt wird, werden wir es mit absoluter Beteiligung tun. Angenommen, ich würde euch morgen alle erleuchtet vorfinden, das könnte passieren! Angenommen, ich finde euch alle erleuchtet vor, werde ich dann hierherkommen und sagen: „Nun, was hast du gegessen? Maggi-Nudeln? Dein Körper ist, was du angesammelt hast. Du bist nicht der Körper, du bist nicht der Geist...“ Es wäre irrelevant, nicht wahr? Ja oder Nein? Wenn ich also sehe, dass du erleuchtet bist, werde ich mit Inner Engineering aufhören. Im Moment ist es notwendig, wir machen es. Das bedeutet nicht, dass dies der Sinn meines Lebens ist. Dies ist eine unglückliche Notwendigkeit, aber ich werde es mit Freude und mit großer Kraft tun, weil ich das mit allem mache, nicht nur damit. Glaube nicht, dass ich nur das Programm mit Intensität und Kraft lehre. Mit allem lebe ich mein Leben so, ich esse auch so. Ich werde alles mit Intensität und Kraft tun, so soll man doch sein Leben leben, nicht wahr?

Also, bitte mach es in dieser Art. Es gibt keinen anderen Sinn. Der Sinn des Lebens ist zu leben und absolut zu leben. Absolut zu leben bedeutet nicht jede Nacht Party zu machen. Absolut zu leben bedeutet – bevor du tot umfällst, soll jeder Aspekt des Lebens erforscht sein, nichts ist unerforscht geblieben. Bevor du tot umfällst, musst du, auch wenn du den Kosmos nicht erforscht hast, zumindest dieses Stück Leben (bezieht sich auf sich selbst) in seiner Gesamtheit kennen. So viel musst du mit dir selber tun, nicht wahr? Das ist absolutes Leben, dass du das Ganze davon erlebst, alle Dimensionen dessen, was das ist. Du hast nichts unberührt gelassen. Du tust das einfach. Das wird eine lange Zeit in Anspruch nehmen. Das ist genug Sinn für dich.

Editor's Note: Der Artikel ist eine Transkription des gleichnamigen Videos, das du dir hier ansehen kannst.