Sadhguru sagt, der erste Schritt in Richtung Wissen ist anzuerkennen, dass du nichts weiß.

Sadhguru: Sich auf dem spirituellen Weg zu befinden bedeutet, dass du keinerlei Schlussfolgerungen über irgendetwas gezogen hast, du bist auf der Suche. Ein Suchender zu sein bedeutet, dass du wissen willst. Man kann nur dann auf der Suche sein, wenn man nicht weiß. Wenn jemand mutmaßt, dass am Ende Gott steht oder Mukti oder dieses oder jenes, gibt es keine Suche.

Leider haben die meisten Suchenden auf der Welt ihre Schlussfolgerung darüber gezogen, was am Ende steht, und dann suchen sie. Das bedeutet, dass du etwas suchst, das du selbst erschaffen hast. Wenn du suchen möchtest, was du erschaffen hast, dann ist keine Suche nötig. Es ist ganz leicht: Erschaffe einfach, was immer du willst. Diese Art einer falschen spirituellen Suche findet auf der Welt in einem ungeheuren Ausmaß statt. Sie ist zu einer so großen Angelegenheit geworden, dass es Blasphemie oder Atheismus gleichkommt, wenn man nur ein Wort dagegen sagt.

Wenn du aufhörst, nach etwas Bestimmtem zu streben, sondern einfach gewillt bist, mit allem in deinem Leben intensiv zu sein, dann wird der ganze Weg um so vieles einfacher.

Es kann keine wahre Suche stattfinden, wenn man mutmaßt, was am anderen Ende ist. Erst wenn er oder sie erkennt, dass kein Wissen da ist, ist die Suche echt. Dann wird es möglich, den nächsten Schritt zu machen und zu schauen, was mit einem passiert.

In uns und um uns herum sind viele Prozesse aktiv. Erde in Nahrung zu verwandeln bezeichnet man als Landwirtschaft. Nahrung in Körperzellen zu verwandeln nennt man Verdauung. Wenn du einen Stein in das Göttliche umwandelst oder transformierst, nennen wir das Konsekration. Es geschehen also viele solcher Prozesse um uns herum. Der spirituelle Prozess ist ein Prozess der inneren Konsekration, um aus diesen Knochen und Fleisch eine viel höhere Möglichkeit zu machen. Du weißt nicht, was die ultimative Möglichkeit ist, aber du weißt, dass dasselbe Fleisch und dieselben Knochen in verschiedenen Dimensionen funktionieren können. Es kann lediglich eine Fleischmasse sein, es kann zu Freude, Liebe, Hass, Elend werden – zu so vielen Dingen.

Ein spiritueller Prozess bedeutet, fortwährend das, was du im Moment als „ich“ bezeichnest, in eine höhere Möglichkeit zu transformieren. Wenn du Mutmaßungen darüber anstellst, was die ultimative Möglichkeit ist, dann ist der Prozess zerstört.

Das bedeutet nicht, dass du nur Schritt für Schritt vorgehen kannst. Du kannst einfach einen Sprung machen. Die meisten Menschen gehen Schritt für Schritt – in Abschnitten – denn das Vertrauen in den Prozess kommt Schritt für Schritt. Doch wenn du über einen gewissen Zeitraum hinweg bei dem Prozess bleibst, wenn du gewillt bist, das Leben in dir so stark zu intensivieren, wie es im Moment für dich möglich ist, dann ist es nicht nötig, schrittweise zu gehen. Man kann einfach in die Erleuchtung springen.

Tatsächlich gibt es keine eigentlichen Schritte. Wenn du aufhörst, nach etwas Bestimmtem zu streben, sondern einfach gewillt bist, mit allem in deinem Leben intensiv zu sein, dann wird der ganze Weg um so vieles einfacher.

Editor's Note: Während eines Podiumsgesprächs bei den Vereinten Nationen in Genf wird Sadhguru danach gefragt, was der Unterschied ist zwischen Spiritualität und Religion. Das Video kannst du dir hier ansehen.