Fragesteller: Sadhguru, warum geben wir Milliarden von Dollar für die Suche nach Leben auf anderen Planeten aus, während wir Billionen von Dollar für die Zerstörung des Lebens auf der Erde ausgeben? Was ist los mit uns?

Sadhguru: Was wir falsch machen ist, dass wir nach grenzenloser Expansion mit physischen Mitteln suchen. Du willst zum Mond, aber du bist auf einem Ochsenkarren und schlägst die Ochsen. Du kannst die Ochsen töten, aber so wirst du dein Ziel nicht erreichen. Das ist der grundlegende Fehler.

Die Leute denken darüber nach, einen anderen Planeten nutzbar zu machen. Aber die Zerstörung von dem Planeten ist wieder nur eine Frage der Zeit.

Ein Mensch sehnt sich ständig danach, etwas mehr zu sein als das, was er gerade ist. Wenn er nur Geld kennt, denkt er an ein bisschen mehr Geld; wenn er Macht kennt, an ein bisschen mehr Macht; wenn er Liebe kennt, an ein bisschen mehr Liebe. Es gibt etwas in ihm, das sich nicht damit zufriedengeben wird, wer er ist. Auf welche Art auch immer du es am besten weißt, versuchst du, ein wenig mehr zu sein. Aber wenn du deine Bewusstheit einsetzt und es betrachtest, kannst du deutlich sehen, dass du nicht nach Geld, Eigentum, Liebe oder Vergnügen suchst. Was du suchst, ist Expansion. Wie viel Expansion würde dich endgültig zufriedenstellen? Wenn du das betrachtest, kannst du deutlich sehen, dass du nach unendlicher Expansion suchst. Jeder Mensch will sich ins Grenzenlose ausdehnen. Aber im Moment versuchen wir, unendlich zu werden durch Eroberungszüge, durch die In-Besitz-Nahme der Welt, oder durch Shopping. Die Sehnsucht zu expandieren findet auf so viele Arten ihren Ausdruck, die alle physisch sind.

Der physische Bereich, wie groß er euch auch erscheinen mag, ist ein begrenzter Bereich. Im Moment sind unsere Volkswirtschaften genau so aufgebaut: Alles dreht sich um mehr, mehr und mehr. Jedes Land spricht von Wachstumsraten. Das bedeutet, dass jeder mehr kaufen und mehr verbrauchen muss. Aber wo ist dieses „Mehr“? Darum denken die Menschen darüber nach, einen anderen Planeten nutzbar zu machen. Aber die Zerstörung von dem Planeten ist wieder nur eine Frage der Zeit.

Unser fantastischer Planet

Dies ist ein fantastischer Planet – er hat nicht ein oder zwei Lebensformen genährt und sich entwickeln lassen, sondern Millionen. Die schiere Vielfalt des Lebens, der Tiere, Vögel, Pflanzen, Insekten, Würmer und Mikroben, die wir auf diesem Planeten haben, ist verblüffend. Obwohl wir einige Millionen Lebensformen entdeckt haben, werden auch heute noch jedes Jahr über 10.000 neue Arten gefunden. Aber wir denken, dass die Umstände woanders besser sein werden.

Weil wir hier weitestgehend alles, was möglich war, ausgebeutet haben, und wir wissen, dass es zu Ende geht, suchen die Menschen nach einem anderen Ort, den sie ausbeuten können.

Die Sehnsucht zu expandieren ist zwanghaft. Da wir kein anderes Vehikel gefunden haben, durch das wir expandieren können, denken wir, dass die Ausbeutung der physischen Ressourcen naturgemäß der einzige Weg ist. Das ist leider unsere Vorstellung von Wissenschaft geworden. Wenn sich die wissenschaftliche Forschung mit einem bestimmten Aspekt befasst, kann man sicher sein, dass sie, wenn sie daran etwas finden, prüfen werden, wie sie sich das zunutze machen können. Wir haben das Land und die Ozeane ausgebeutet, jetzt wollen wir ausbeuten, was jenseits davon liegt. Unsere Vorstellung von Leben ist Ausbeutung geworden. Diese Leute machen aus Mikroben Proteine. Sie haben sogar die verdammten Bakterien für sich eingespannt!

Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem jedes Lebewesen schutzbedürftig geworden ist. Ein wildes Tier, ein Tiger, braucht Schutz! Allein das Wort „Tiger“ soll einem Angst machen, aber jetzt muss das arme Ding geschützt werden.

Weil wir hier weitestgehend alles, was möglich war, ausgebeutet haben, und wir wissen, dass es zu Ende geht, suchen die Menschen nach einem anderen Ort, den sie ausbeuten können. In dem Moment, in dem sie einen solchen Planeten finden – ich hoffe, sie finden ihn nicht – ist es vorstellbar, dass Nationen da draußen Krieg miteinander führen. Selbst wenn wir einen Film machen, wenn wir „Stars“ sagen, sagen sie „Wars“!

Ein dunkles Umweltzeitalter

Wir befinden uns nicht aus freiem Willen in diesem ausbeuterischen Modus, sondern aus Zwanghaftigkeit. Die einzige Lösung dafür ist Bewusstsein. Wenn die Menschheit anfängt, aus dem Bewusstsein heraus tätig zu sein, wird uns Zwanghaftigkeit nicht beherrschen, und wir werden genau das tun, was nötig ist, nicht mehr und nicht weniger. Wenn dies nicht passiert, wird Indien zu den ersten Ländern gehören, die besonders hart von der sich anbahnenden Umweltkatastrophe getroffen werden. Die Flüsse in Indien sind in einem bedenklichen Zustand. Im Durchschnitt dezimieren sich alle Flüsse in Indien jedes Jahr um etwa 8%. In fünfzehn Jahren werden also die meisten Flüsse verschwunden sein. Schon jetzt erreichen die meisten Flüsse in den meisten Monaten des Jahres nicht den Ozean. Dieser Schwund ist überall zu sehen.

Wenn man sich heute das Trinkwasser pro Person in diesem Land ansieht, haben wir nur noch 25% (Wasser pro Person) von dem, was wir 1947 hatten. Bis 2050 sagen sie, dass wir nur noch 18% haben werden. Es ist Zeit, sich auf Flaschenbäder vorzubereiten – man muss mit einer Flasche baden können! Das ist ein sehr ernstes Problem. Wenn die Menschen auf der Straße kein Wasser zu trinken haben, soll sich niemand vormachen, dass unser Leben sicher und gut sein wird.

Bewusstsein für Flüsse schärfen

Conscious Living, the Only Solution for the Environment

Eine Sache, die getan werden muss, ist die Schaffung eines Einzugsgebiets von einem Kilometer Breite auf beiden Seiten des Flusses, entlang seines gesamten Verlaufs. Dort sollte es kein Pflügen und keine Landwirtschaft geben. Wenn es staatliches Land ist, pflanzt Waldbäume, wenn es Privatland ist, pflanzt Obstbäume. Verteilt kostenlos Setzlinge mit Fördermitteln für einige Jahre, bis die Bäume ertragreich sind. Wir müssen alles Notwendige tun, um sicherzustellen, dass Bäume da sind und kein gepflügtes Land mit schweren Düngemitteln neben dem Fluss. Ich dränge seit fast zehn Jahren darauf und jetzt haben die Verantwortlichen in Andhra Pradesh und Madhya Pradesh diesen Vorschlag ernst genommen.

Wir wollen daraus eine nationale Bewegung machen. Alle jungen Leute sollten kommen und mitmarschieren.

Der Bauer arbeitet nur für seinen Lebensunterhalt. Er weiß nichts von der sich anbahnenden ökologischen Katastrophe. Wir müssen also eine Bewegung schaffen und die Menschen erkennen lassen, dass dies notwendig ist, und dann einige politische Entscheidungen treffen.

Um dies zu tun, starten wir am 10. November in Madhya Pradesh eine Bewegung, bei der 100 Menschen den Fluss entlang gehen, um Bewusstheit zu wecken. Es sind fast 1400 Kilometer und sie werden diese Strecke in 90 Tagen zurücklegen. Unterwegs können sich weitere Menschen für ein oder zwei Tage anschließen. In jedem Dorf, das auf dem Weg liegt, werden Treffen abgehalten. Der oberste Minister wird mindestens für einige Tage dort sein und ich habe vor, ebenfalls einige Tage dort zu verbringen. Alle jungen Leute sollten kommen und mitmarschieren!

Wir wollen daraus eine nationale Bewegung machen, damit wir das Leben unserer Flüsse noch etwas verlängern können. Das ist keine Lösung, aber das wird die Dinge zumindest verlangsamen. Aber die letztendliche Lösung ist, dass die Menschen anfangen, bewusst zu leben. Das ist der einzige Weg.

Editor's Note: Sadhguru hat in Indien eine nationale Bewegung zur Wiederbegrünung der Flussläufe gestartet. Das Ziel ist, durch die Pflanzung von Millionen von Baumsetzlingen ein intaktes Ökosystem wiederherzustellen. In Zeiten des Klimawandels hat dieses Großprojekt, gepaart mit den Yogaprogrammen zur Steigerung des Bewusstseins, Vorbildcharakter für viele andere Regionen der Welt.